Kommunikation mit dem Kunden
Marketing ist Kommunikation mit (potentiellen) Kunden. Dabei sollte man systematisch herausarbeiten, welche Produkte die Kunden grundsätzlich haben wollen und wie man genau solche Produkte herstellen kann, die Kundenwünsche wirklich befriedigen. Natürlich geht es auch darum, wie man ein (vorhandenes) Produkt ggf. verändern muss und wie man es zu interessierten Kunden bringen kann. Und das alles gilt auch für Dienstleistungen oder für Kombinationen aus Produkt und Dienstleistung – dem wohl vorherrschenden Fall in einer komplexen Welt mit ebenso komplexen Produkten.
Um etwas zu erreichen, z.B. gute Produkte herzustellen und diese dann für einen Premiumpreis zu verkaufen, sollte man sich klare Ziele definieren. Ziele erreicht man übrigens am besten mit einer durchdachten Strategie – die man mit mit ausgewählten operativen Marketingmaßnahmen voranbringt. Wenn man also einfach irgendetwas macht, dann wird man seine Ziele eher nicht oder nur mit großem Aufwand erreichen. Besser wäre es, wenn man geplant vorgeht und versucht, genau die richtigen Dinge zu tun. Hier schaffen die “Ps” im Marketing einen guten Überblick, denn sie definieren einen Katalog von Maßnahmen zur Zielerreichung.
Konstruieren wir dazu ein einfaches Bild: Stellen Sie sich vor, die Ps sind Fächer für Werkzeuge in einem Werkzeugkasten. Da gibt es ein Fach für Zangen, ein Fach für Sägen, ein Fach für Schraubenzieher und ein Fach für Klebeband. Jedes dieser (zunächst vier) Fächer repräsentiert ein “P” – Product, Price, Place, Promotion – also Ansatzpunkte im Marketing. Sie überlegen sich jetzt einen Plan (aus dem Bild übertragen wäre das dann ein Marketingplan) dafür, welche Werkzeuge aus ihrem Werkzeugkasten sie planvoll einsetzen um ein bestimmtes Handwerk herzustelllen (also ein Marketingziel zu erreichen). Oft macht es gar keinen Sinn (wieder im übertragenen Sinn dieses Beispiels) mit allen Werkzeugen zu arbeiten, manchmal lässt sich das Ziel auch nur mit Säge und Klebeband erreichen (wenn Sie im Marketing z.B. sehr viel und überzeugend über den günstigen Preis berichten). Übrigens: Klebeband ist nicht gleich Klebeband, da gibt es natürlich viele Unterschiede und Anwendungsbesonderheiten.
Beschäftigen wir uns zum tieferen Verständnis zunächst mit der Theoriebasis. Im Marketing ist der Ansatz 4P für das Konsumgütermarketing und 7P im (Produkt- und) Dienstleistungsmarketing bereits verfügbar. Wir haben zusätzlich eine spannende Erweiterung aus unserem Haus ergänzt, das Konzept “10P im modernen Immobilienmarketing”!
4P für das Konsumgütermarketing
Zu Beginn der modernen Theoriebildung im Marketing stand das “Konsumprodukt” im Mittelpunkt der Überlegungen. Werkzeuge für das Marketing in der Produktdenkweise waren eine möglichst für den Kunden vorteilhafte Gestaltung des Produkts, sein überzeugender Wettbewerbspreis, Überlegungen zur Verteilung und Verfügbarmachung des Produktes, sowie die Kommunikation über die Vorteilseigenschaften des Produkts.
(sustainable) Product (Produktpolitik)
Das erste P der 4P im Konsumgüter- oder Produktmarketing stellt die Frage nach der Planung, Gestaltung und Dimensionierung des Produkts. Es betrachtet (und gestaltet) seine zentralen Eigenschaften ebenso, wie Nebeneigenschaften von bisweilen enormer Reichweitenintensität beim Kunden. Nachhaltigkeit entlang der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und Erwartungen des Kunden hat sich von einer Nebenleistung zu einer wichtigen Hauptbestandsleistung entwickelt. Auch deshalb ergänzen wir in unserem Immobilienunternehmen ds “P” “Product” um die verbindliche Qualität “sustainable”. Schließlich geht es insgesamt darum, welche Produkte (oder Dienstleistung) ein Unternehmen anbieten bzw. welche Produkte es verkauft will und welchen (individuellen) Nutzen der Kunde aus dem Angebot ableiten kann.
Übertragen auf die Immobilie treten besondere Produkteigenschaften, die für Immobilien typisch sind, in den Fokus: die Objektlage (Proportional zum Bedarf und zum Wunsch des Kunden), die Objektgröße sowie Bau- und Ausstattungsqualitäten der verschiedenst Art – diese und viele weitere Aspekte sind (zumindest teilweise und immobilienspezifisch) gestaltbar.
Die Lage der Immobilie stellt übrigens eine Besonderheit dar. Ob das sogenannte “Lagekriterium” bei Immobilien in seiner Wichtigkeit bestand haben wird, ist alles Andere als sicher – zumindest nicht für normale Alltagsimmobilien. Denn nicht zuletzt die Digitalisierung, vielmehr aber bestimmte Änderungen bei Verhaltensmustern der Nutzer (z.B. die Nutzung der Digitalisierung für ortsunabhängiges Arbeiten), lösen bestimmte Lagevorteile zunehend auf (z.B. die Lage der Immobilie in der Nähe des festen Arbeitsortes).
Noch eine marketingspezifische Überlegung: moderne Produkte können bzw. sollten nach herrschender Marketingauffassung markiert werden, sie werden also unter einer Marke angeboten. Im Immobiliengeschäft ist das eine große Herausforderung und Chanve zugleich, weil das “Produkt” über eine sehr lange Zeit existiert bzw. beim Kunden verbleibt. Ein Beispiel sind Verwaltungsdienstleistungen, die über Jahrzehnte “dazuverkauft” werden können, wenn ein vertrauenswürdiger und leistungsfähiger Anbieter (unter einer funktionierenden Marke) als Initialgeschäft eine Immobilie z.B. “in eine Familie verkaufen” kann.
Price (Preispolitik)
Den richtige Preis für ein Produkt oder eine Dienstleistung zu finden, ist eine besondere Kunst. Dieser Preis muss nicht nur (langfristig) die Kosten decken, gleichzeitig muss er den Anbieter konkurrenzfähig machen und er sollte eine qualifizierte Gewinnmarge erbringen. Auch Lieferungs- und Zahlungsbedingungen, Rabatte, Sonderangebote usw. gehören zu den relevanten Überlegungen.
Immobilien haben oft einen hohen Produktionsaufwand (z.B. bei einer Luxusimmobilie, hochpreisigen Objektenin Großstädten oder allein schon durch die relativ lange Herstellungs- bzw. Finanzierungsdauer), ihre preisliche Eingeordnung folgt bisweilen hochindividuellen Bewertungskriterien, auch Vertragskonditionen können sich auf den Käufer auswirken und der Produktpreis dimensioniert sowohl Konsumprodukte als auch Produkte die einen Investitionscharakter haben (können).
Ganz entscheidend für Immobilien: die private Wohnung ist per se niemals eine Investition, sie ist eine Konsumausgabe (aus versteuertem Einkommen). Natürlich kann sie sich über die Zeit als äußerst lohnend erweisen lder der private Eigentümer “erntet” nicht-monetäre Erträge. Es entstehen aber grundsätlich auch Folgekosten, insofern sich ein Blick auf die Überlegung “total cost of ownership” sich regelmäßig als lohnend erweist.
Bestimmte Preisvorgaben setzen in Preisverhandlungen Ankerpreise, definieren Preiseffekte (z.B. Snob-Effekt bei/durch bewußt hohe bzw. exklusive Preise) und setzen Erwartungshaltungen an das Produkt und an das mit dem Produkt verbundene Servicelevel
In der Immobilienwirtschaft ist zudem die Provisionsmechanik bei vermittelten oder begleiteten Geschäften eine wichtige Preisdeterminante, die den Anbieter, den Nachfrager und den Vermittler/Consultant sehr interessiert.
Place (Distributions- und Logistikpolitik)
Wie und wo das Produkt beworben, wie funktioniert der Vertrieb? Es kann für den Verkaufserfolg entscheidend sein, wie (schnell und unkompliziert oderr elitär und hochpersönlich) das Produkt den Kunden erreicht.
Übertragen auf die Immobilie geht es beim Place also nicht um die Lage der Immobilie sondern z.B. wo und wie sie angeboten wird. Es kann für die Wahrnehmung des Kunden einen Unterschied machen, ob die Immobilie beispielsweise als Premiumrodukt an “erster Stelle” auf Immobilien-Scout oder im Golfclub angeboten und wird oder als Schnäppchen auf der (ebay) Kleinanzeigen-Plattform.
Natürlich kommt es bei Immobilien nicht direkt darauf an, wie das Produkt in einer klassischen Distributionspolitik “verteilt” wird bzw. wie die Lieferlogistik (z.B. “same day oder next day delivery”) funktioniert. Hier etscheidet oft die Funktionsfähigkeit einer leistungsfähigen Vertriebsorganisation, die -neoklassischer Ansatz ausgeprägt – auch die Akquiseseite einschließt.
Immobilien / Immobilienprodukte / Immobiliendienstleistungen sind durch die Besonderheiten von Immobilien (z.B. hohe Spezifität, Einzigartigkeit, Immobilität) oft nicht klassisch distribuierbar; vielmehr spielt das Auffinden eines spezifischen Käufers / Kunden eine ganz besondere Rolle. Eine weitere Besonderheit – die meist aus dem vorgenanten Grund ihre Bedeutung ableitet – ist die Zusammenarbeit mehrerer Vertriebsebenen oder Vertriebspartner.
Promotion (Kommunikationspolitik)
Kommunikation im Marketing wird immer nach Möglichkeiten suchen, (potentielle) Kunden zu erreichen und auf das eigene Unternehmen und auf die eigenen Produkte und Dienstleistungen Aufmerksam zu machen. Dabei wird gute Kommunikation niemals nur in eine Richtung (outbound) ausgesandt. Marketing hört zu, hört auf die Wüsche der Kunden, hört auch ihre Meinungen und Beschwerden, und gestaltet Produkte entlang der Kommmunikation vom Kunden (inbound).
Immobilien erfordern dabei wiederum besondere Herangehensweisen. Beisielsweise gibt es gesetzliche Regeln, die besondere Angebotsinhalte erfordern. Sehr wichtig dürften Kennnzeichungspflichten und die Prospekthaftung sein. Aber auch immobilienspezifische Besonderheitenntlang stellen herausforderungen in der Kommunikation dar, z.B. die lange Produktlebensdauer oder “seltene” Einzelnachfragezeitpunkte, die eine Unternehmenskommmunikation punktgenau trefen muss.
Wie wird bei dieser Kommunikation die Immobilie am besten präsentiert und beschrieben, wie wird sie hervorgehoben und charakterisiert? Eine ganz besondere Rolle nimt (wieder) die Markenkommunikation ein, die z.B. Herausforderungen bei langen Laufzeiten lösen kann.
7P im (Produkt- und) Dienstleistungsmarketing
Durch die Weiterentwicklung moderne Technologien, verbunden mit einer zunehmenden Komplexität, der Produkte aber auch der Gesellschaft traten schließlich zunehmend Dienstleistungen in den Betrachtungfokus. Heute sind Dienstleistungen (wirtschaftlich) sehr wichtig und es gibt kaum mehr ein Produkt ohne Dienstleistungskomponenten. Die 4P des Produktmarketings wurden im Zeitverlauf um 3P – People, Process, Physical Facilities – zu den 7P des (Produkt- und) Dienstleistungsmarketings ergänzt.
People (Personalpolitik)
- Welches Personal wird eingesetzt?
- Wie wird das Personal (im Kundenkontakt) „verwendet“ und
- was sind Qualitätsmerkmale des Personals, wie sein Auftreten/Motivation, Bildungsstand, Freundlichkeit, Kleidung und Fahrzeuge (Achtung Überschneidung mit Ausstattungspolitik)?
- Werden die Mitarbeiter zu (Marken-)Botschaftern?
Process (Prozesspolitik)
- Wie wird die Dienstleistung erbracht?
- Welche Prozesse finden Anwendung?
- Sind die Prozesse kundenzentrisch?
- Können die Prozesse als durchdacht bezeichnet werden?
- Werden die Prozesse vom Kunden als modern und leistungsfähig wahrgenommen, sind die Abläufe analog oder digital, langsam oder schnell, umständlich oder elegant?
Physical Facilities (Ausstattungspolitik)
- Es geht um die Optimierung der physischer Umgebung eines Produktes oder der Dienstleistungserstellung.
- Wie ist der Ort der Leistungserstellung ausgestattet?
- Welche Maschinen finden Anwendung, welche Elektronik wird genutzt?
- Welche Gegenstände laden auf ein potentielles Image hoch? Entsteht ggf. ein “Überimage”, eine unausgewogene Darstellungsvariante?
- Können die Mitarbeiter die Ausstattung bedienen und ist die Ausstattung der Leistungserstellung dienlich? Ist die Ausstattung sicher?
10P im modernen (Immobilien-)Marketing
Im Jahr 2017 stand ich vor der großen Herausforderung für die Hochschule Fresenius einen Kurs im Marketing (inhaltlich) zu entwickeln. Ich war zuvor an der Entwicklung des Studiengangs zu Immobilienwirtschaft am Standort München beteiligt, und wir hatten gemeinsam nach Inhalten zu Marketing von Immobilien gesucht. Erstaunlicherweise war das Marketing, eine Disziplin, die ich ca. 20 Jahre zuvor in meinem Studium sehr intensiv kennen gelernt hatte, über das Produkt- und Dienstleistungsmarketing strukturell kaum hinausgewachsen. Tatsächlich fehlten Informationen zu modernen Methoden, digitalen Ansätzen und der Vernetzung im (Immobilien-)Marketing. Das war für mich eine sehr spannende Aufgabe. Meinen Marketingschwerpunkter aus meinem eigenen Studium weiter entwickeln zu können, empfand ich als bedeutete Chance zur Impulssetzung im Marketing, vor allen Dingen im Marketing für Immobilien und Immobiliendienstleistungen.
Meine neue Vorlesung sollte sich intensiver mit den digitalen Plattformen und ihrer Bedeutung für das Marketing beschäftigen sowie die Menschen und Kommunikationsfunktionen in dieser neuen Zeit in den Blick nehmen. Ebenso sollte die Vernetzung sowohl der Kommunikation als auch der modernen Welt eine bedeutende Rolle spielen. Schließlich sind aus meinen Studien drei weitere P hervorgegangen, die das moderne Marketing für Immobilien zusammen mit den bereits verfügbaren P für Konsumprodukte und Dienstleistungen besser beschreiben und den Studierenden ein Toolset aufzeigen können, dass bei modernem Marketing und zukunftsfähiger Strategiebildung bzw. Führung nicht vernachlässigt werden darf.
Platforms (Medienkompetenz)
- Hat der Anbieter Medienkompetenz?
- Welche Medien werden (kontinuierlich) genutzt?
- Ist die Mediennutzung sinnvoll, bringt sie Vorteile?
- Hat der Kunde innerhalb der Medien ein Mitspracherecht bzw. behält er die Hoheit über seine Daten?
(new) Professionals (new) (Leadershipkompetenz)
- Ist der Unternehmer (m/w/d) ein Leader?
- Ist der Unternehmer selbst Vorbild oder nutzt er (professionelle) Vorbilder (Unternehmensbotschafter)?
- Wie ist die Leaderrolle ausgestaltet? Was gestaltet der Leader und hat er tatsächlich eine positive Wirkung?
- Hat der Kunde Vorteile aus der Leadershipposition?
Partnerships (Medienkompetenz)
- Hat das Unternehmen Netzwerkkompetenz?
- Denkt das Unternehmen vernetzt und kann es das eigene Netzwerk oder andere Netzwerke nutzen?
- Was ist der Kundenvorteil dieser Netzwerkkompetenz?
- Gibt es Risiken im Netzwerkzugang oder bei der Netzwerknutzung?
- Ist das Netzwerk ausbaubar oder sogar für den Kunden zugänglich?
Wichtige Anmerkungen
mit Blick auf die Nachhaltigkeitsorientierung der modernen Volkswirtschaften kann es im Marketing kein Produkt mehr geben. Vielmehr ist der Zusatzsystem Product allein zielführend, denn auch solche Kunden, die sich nicht an der Nachhaltigkeit orientieren, werden nachhaltige Produkte im Vergleich zu anderen Produkten regelmäßig vorziehen. Schließlich handelt es sich bei der Nachhaltigkeit nicht mehr um eine kann Eigenschaft eines Produktes, sondern vielmehr um eine Muss-eigenschaft.
die Übersetzungen der ersten 7P beinhalten jeweils den Zusatzpolitik. Mit Politik ist gemeint, dass sich im Marketing mit bestimmten Methoden Eigene Vorstellungen und Ziele umsetzen lassen. Diese Logik im Marketing wird bei den neuen 3P insofern inhaltlich überholt, dass ich nicht mehr von Politik, sondern von Kompetenzen spreche. Gemeint ist damit, dass es um Fähigkeiten geht, die man nicht zur einseitigen Durchsetzung von Wünschen und Zielen verwenden kann, etwa vergleichbar mit dem Politik Ansatz, sondern dass es bei den Kompetenzen um deren zielgerichtete, vernetzte, langfristige und fein abgestimmte Vorgehensweisen handelt, die schließlich zum Erfolg führen können.